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Vorstand und Geschäftsführer haften für sog. "Schwindelunternehmen"

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Bundesgerichtshof 14.7.2015, VI ZR 463/14

Nach BGH-Rechtsprechung haften Geschäftsführer, (faktische) Geschäftsleiter oder Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich mithin um ein sog. "Schwindelunternehmen" handelt.

Der Sachverhalt:

Der Beklagte zu 1) war seit der Gründung der S-AG, einer nicht börsennotierten Schweizer AG mit Sitz in der Schweiz, im Jahr 2004 bis Februar 2010 Mitglied des Verwaltungsrates und Geschäftsführer. Der Beklagte zu 2) war von 2004 bis 2008 Präsident des Verwaltungsrates. Geschäftsgegenstand der AG war das Factoring. Den Großteil ihrer Umsätze erzielte sie indes durch den Verkauf ihrer eigenen Aktien sowie der Aktien einiger ihrer Altaktionäre mit Sitz auf den Bahamas. Die Aktien wurden von Telefonverkäufern der S-AG u.a. über eine Zweigniederlassung in Düsseldorf an Privatanleger veräußert. Auf der Internetseite der Gesellschaft war ein von der BaFin gebilligter Wertpapierprospekt veröffentlicht. Dieser wurde potentiellen Anlegern gedruckt nur auf Anforderung übersandt.
Die Klägerin war der Ansicht, die S-AG habe ihr operatives Geschäft - bei dem es sich um ein Minimalgeschäft mit Alibifunktion gehandelt habe - nicht ernsthaft betrieben. Es habe lediglich dazu gedient, den Anlegern ein florierendes Unternehmen vorzutäuschen und sie damit zum Kauf von Aktien zu bewegen. Die Beklagten hätten diese Information den Anlegern in sittenwidrigem Missbrauch ihrer geschäftlichen Überlegenheit vorenthalten, und sie durch unrichtige und verharmlosende Angaben in den Veröffentlichungen der AG systematisch getäuscht. Sie begehrte aus abgetretenem Recht gegenüber den Beklagten die Zahlung von Schadensersatz.
Das LG verurteilte den Beklagten zu 1) antragsgemäß und wies die Klage gegen den Beklagten zu 2) ab. Das OLG wies auch die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage ab. Auf die Revision der Klägerin hob der BGH das Berufungsurteil auf und wies die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurück.

Gründe:

……… Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, dass das Berufungsgericht auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen einen Schadensersatzanspruch gemäß § 826 BGB verneint hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haften Geschäftsführer, (faktische) Geschäftsleiter oder Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft nach § 826 BGB auf Schadensersatz, wenn das von ihnen ins Werk gesetzte Geschäftsmodell der Gesellschaft von vornherein auf Täuschung und Schädigung der Kunden angelegt ist, es sich mithin um ein "Schwindelunternehmen" handelt.
Zwar ist die Würdigung der Beweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten; das Revisionsgericht kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat. Das Berufungsgericht hat wesentlichen Sachvortrag der Klägerin unbeachtet gelassen. Zutreffend weist die Revision auf eine Reihe von Umständen hin, die-wenn sie in die Beweiswürdigung einbezogen werden-bei der gebotenen tatrichterlichen Gesamtschau zu der Beurteilung führen könnten, dass das in Werk gesetzte Geschäfts- und Vertriebsmodell der Gesellschaft auf eine sittenwidrige Schädigung und Täuschung der Anleger angelegt war.
Der Verkaufspreis der Aktien überstieg deren Nennwert um das 160- bis 520-fache. Die Gesellschaft erzielte aus dem Factoring nur geringe Einnahmen, denen Ausgaben gegenüberstanden. Die Anleger erhielten den Wertpapierprospekt grundsätzlich nicht übersandt. Die Telefonverkäufer machten in den Verkaufsgesprächen nrichtige, nämlich zu günstige Angaben in Bezug auf die Umsatzzuwächse. Diese und noch weitere nicht berücksichtigten Umstände könnten in einer Gesamtbetrachtung geeignet erscheinen, darauf hinzudeuten, der nach dem Vortrag der Klägerin von den Beklagten initiierte Vertrieb der Aktien der S-AG sei auf Täuschung der Anlageinteressenten ausgerichtet gewesen.

 

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