Es waren vier intensive Tage mit wenig Schlaf, vielen Terminen und intensiven Gesprächen.
Die rund 30-köpfige Ingolstädter Delegation auf Chinareise in der Partnerstadt Foshan und der Provinz Guangdong ist mit vielen Ergebnissen und Anknüpfungspunkten zurückgekommen, die die noch junge Partnerschaft zwischen dem Reich der Mitte und der Mitte Bayerns mit Leben füllen sollen – unter anderem im medizinischen Bereich: Das Klinikum Ingolstadt und Krankenhäuser in der Partnerregion in China haben bereits erste konkrete Schritte für eine Zusammenarbeit vereinbart. Die Patienten des Ingolstädter Schwerpunktkrankenhauses sollen in Zukunft beispielsweise vom Jahrtausende alten Heilwissen der Chinesen profitieren, das sich hinter drei Buchstaben verbirgt: TCM.Die chinesischen Krankenhäuser haben in der internationalen Presse nicht immer für positive Schlagzeilen gesorgt: Korruption, mangelndes Vertrauen in die Ärzte und eine Versorgungsquote weit unter deutschen und europäischen Standards. Und dennoch: "Wir können viel von China lernen – auch wenn wir in manchen Bereichen unterschiedliche Systeme und Herangehensweisen in der Patientenversorgung pflegen", sagt Heribert Fastenmeier, der Geschäftsführer des Klinikums. In China ist die Versorgung ganz anders organisiert.
Die Krankenhäuser wie das Foshan Hospital of TCM oder ein auf Unfallchirurgie und Orthopädie spezialisiertes Krankenhaus in der 13-Millionen-Stadt Shenzhen, in denen die Delegation aus Ingolstadt zu Gast war, übernehmen auch die ambulante Behandlung mit – und die macht deutlich mehr Fälle aus. Zu den stationären Behandlungen kommen jeweils viele tausend ambulante Patienten, die schnell und effizient versorgt werden müssen.
Blutabnahme wie am Fließband
Blutabnahme funktioniert wie im Akkord: Die Patienten gehen selbst in einen eigenen Raum dafür, strecken ihren Arm zur Blutentnahme aus, erhalten dann eine Nummer und bekommen damit am Automaten ihr Ergebnis, das sie dann wieder zum Arzt mitnehmen – wohlgemerkt im Krankenhaus. Denn die medizinische Versorgung spielt sich in China im Wesentlichen in den Krankenhäusern ab. Ein System mit Hausärzten und niedergelassenen Ärzten wie in Deutschland gibt es nicht.
Vieles geht schneller und effizienter, dafür vielleicht weniger persönlich zu – und für weite Teile der Bevölkerung ist die Behandlung zum Teil nur schwer finanzierbar. Viele Patienten verzichten auf Teile der Behandlung, oder die Angehörigen bringen ihnen ihr Essen ins Krankenhaus, um Geld zu sparen. Denn ohne Bares geht in chinesischen Krankenhäusern nichts – darüber berichten zahlreiche Medien wie das deutsche Ärzteblatt seit Jahren. Und auch Heribert Fastenmeier kennt die Praxis der roten Briefumschläge. "Hongbao" nennt man die Kuverts, in denen Patienten ihren Ärzten eine Extrazuwendung überreichen, um schnell und gut oder überhaupt behandelt zu werden – in Deutschland unvorstellbar. In China sei man gerade dabei, das System zu reformieren und hat sich dabei auch in Deutschland umgeschaut. Das deutsche Gesundheitssystem gilt – trotz aller Probleme, die im Inland immer wieder diskutiert werden – nach wie vor als eines der besten der Welt.
Exzellent ausgestattet
"Es gibt natürlich große Unterschiede in der medizinischen Versorgung. Dennoch wird in China exzellente Medizin gemacht, und wir können an vielen Stellen voneinander lernen", bilanziert Fastenmeier. Technisch seien die chinesischen Krankenhäuser ohnehin meist exzellent ausgestattet – oft sogar über europäischem Standard. Auch die Verfahren und Abläufe im Operationssaal seien auf sehr hohem Niveau, so Prof. Dr. Michael Wenzl, der Direktor der Chirurgischen Klinik II im Klinikum, nach dem Besuch in China. Aber es kommen auch andere Heilverfahren zum Einsatz – eine sehr alte Heilkunde, die sich in China seit mehr als 2000 Jahren entwickelt hat und heute unter der Abkürzung "TCM" auch in Deutschland bekannt ist.
Sie steht für die "Traditionelle chinesische Medizin", die auch hierzulande stellenweise Einzug gefunden hat – soweit sie zugelassen ist. Doch die besonderen Heilverfahren mit Arzneien aus Kräutern und anderen teils exotischen Zutaten, Akupunktur und die Moxibustion, die Erwärmung von Akupunkturpunkten, helfen vielen Patienten – davon konnten sich Fastenmeier und Wenzl nun auch beim Besuch in China vor allem in dem auf TCM spezialisierten Krankenhaus in Foshan überzeugen.
Auch im Klinikum hatte man das Fachgebiet vor Jahren bereits im MVZ im ÄrzteHaus am Klinikum vorübergehend etabliert. Nun soll ein zweiter Anlauf genommen werden. "Denn die Vorteile für die Patienten sind einfach da, und darum geht es", erklärt Fastenmeier. Vor Ort besuchte die Ingolstädter Delegation auch eine Fabrik, in der solche TCM-Arzneien hergestellt werden. Das kann im großen Stil geschehen oder eben ganz individuell – so wie auch in deutschen Apotheken zum Beispiel viele Salben nach ärztlichen Vorgaben für den Patienten frisch zubereitet werden.
Uralte Rezepte weiterentwickelt
Die Arzneien dort basieren meist auf uralten Rezepten, die im Laufe der Jahrhunderte immer weiter entwickelt wurden. Besonders beeindruckend etwa seien entzündungshemmende TCM-Medikamente, die sehr wirksam gegen Entzündungen und Schwellungen seien, so Fastenmeier. Sie wolle man in Zukunft auch im Klinikum einführen und einsetzen – natürlich nur auf Wunsch der Patienten sowie ausgewählte Mittel und Verfahren.
Ein weiteres Feld ist die Akupunktur, die in Deutschland bereits Einzug gehalten hat. Auch wenn die Schulmedizin nicht immer so genau weiß, was sie damit anfangen soll – dass Akupunktur in bestimmten Fällen helfen kann, glauben längst auch viele Experten. Große Chancen sieht Fastenmeier vor allem für chronische Schmerzpatienten mit Migräne, Rückenschmerzen oder anderen Beschwerden. Diese leidgeprüfte Patientengruppe muss oft mit starken, dauerhaften Schmerzen leben, die mit den Mitteln der Schulmedizin nicht immer in den Griff zu bekommen sind.
Gerade dort aber könnte die fernöstliche Therapie Linderung bringen. "Es hilft einfach. Und wenn etwas chinesischen Patienten wirklich hilft – warum sollten wir es deutschen Patienten vorenthalten?", fragt Fastenmeier. Deshalb möchte er schrittweise einige Arzneien und Akupunkturmethoden am Klinikum und im ÄrzteHaus etablieren – und zwar mit chinesischer Unterstützung. Ein regelmäßiger Austausch soll dafür sorgen, dass die Chinesen von den deutschen Ärzten lernen und umgekehrt. Zudem soll es in der Unfallchirurgie des Klinikums, die Wenzl leitet, wöchentliche Videokonferenzen mit den chinesischen Partnern geben, bei denen jede Seite jeweils drei Fälle von Patienten und ihre Behandlung vorstellen soll. "Wir erhoffen uns so neue Perspektiven und Lerneffekte auf beiden Seiten", sagt Fastenmeier. Auch bei Ärztekongressen soll es einen Austausch geben, und auch in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe gebe es für die Zukunft Chancen durch eine Zusammenarbeit.
Aber auch in der Pflege will das Klinikum Erfahrungen mit seinen Partnern im Reich der Mitte austauschen. Gerade die Organisation der Stationen sei in den Krankenhäusern, die man besucht habe, sehr gut gewesen, erzählt Fastenmeier. Die medizinische Versorgung sei in beiden Ländern unterschiedlich. Aber wir können viel voneinander lernen", bilanziert er – vielleicht auch von der Mentalität der Chinesen. "Der Deutsche klagt eher, dass sich etwas ändert. Der Chinese sieht die Chance in der Veränderung, nicht so sehr das Problem."
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