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Gedankendusche: Sichtbar gemacht - und doch entzogen

Ein Gesicht, halb vermessen, halb aufgelöst, eingefasst in ein geometrisches Gitter. (© DREIFISCH) Ein Gesicht, halb vermessen, halb aufgelöst, eingefasst in ein geometrisches Gitter. (© DREIFISCH)

Zur honorarfreien Veröffentlichung freigegeben. Abdruck des Textes und der Bildbeschreibung ist erwünscht. Bei Rückfragen gern Kontakt mit der Autorin aufnehmen.

Über biometrische Kontrolle, Korrektur und die Unsichtbarkeit des Selbst.

Es beginnt mit einem Foto.
Ein Gesicht, frontal, emotionslos,
ausgeleuchtet.
Kein Schatten, kein Ausdruck,
keine Geschichte.

Was aussieht wie ein technisch neutrales Bild, ist in Wahrheit das Resultat eines tiefgreifenden Prozesses:
Ein Aussehen, das sich nicht von dir ableitet, sondern von dem, was das System für lesbar hält.

Du wirst nicht abgebildet.
Du wirst vorbereitet - für den Datensatz.

Denn das biometrische Passbild, wie es jetzt vorgeschrieben ist, entsteht nicht mehr im Fotoatelier allein. Es entsteht im Nachgang, im stillen Raum der Software:
Durch automatische Maskierung, Kontrastangleichung, Formatnormalisierung, Schattenglättung.
Durch eine KI, die entscheidet, ob du als du erkennbar genug bist - für sie.

Was bleibt, ist eine technische Fiktion von dir.
Ein Bild, das "funktioniert".
Aber nicht, weil es dich zeigt - sondern weil es das zeigt, was verlangt wird.

Und hier liegt die eigentliche Ambivalenz:
Ein System wird eingeführt, das jede Veränderung am Bild kriminalisiert - aber genau dieses Bild wird verändert, sobald es akzeptiert wurde.
Nicht durch dich, sondern durch die Architektur der Fotostation, durch die Algorithmen im Hintergrund.

Der Mensch davor: nur Statist.
Der Mensch danach: abstrahiert, geglättet, einsortiert.

Die Kontrolle des Aussehens liegt nicht mehr beim Individuum.
Aber auch nicht beim Fotografen.
Sondern im Algorithmus eines Systems, das vorgibt, fälschungssicher zu sein - und dabei selbst fälschend normiert.

Es ist kein Angriff auf Technik, den es hier braucht.
Sondern eine Frage nach Verantwortung:
Wer entscheidet, welches Bild als "du" gilt?
Wer hat Zugriff auf die Form, in der du sichtbar wirst?
Und wer trägt die Konsequenz, wenn du einmal nicht mehr ins Raster passt?


 

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