Totgeschlagene Ferkel: Versteckte Kameras dokumentieren massive Gesetzesverstöße in Ferkelzuchtbetrieb Zeven
07. Juli 2021
Nach Strafanzeige durch das Deutsches Tierschutzbüro wurden die Täter*innen nun verurteilt
Tierrechtler*innen haben im Jahr 2017 sechs Monate lang in einer der größten Schweinezucht-Anlagen im Landkreis Rotenburg in Niedersachsen gefilmt und die Abläufe dokumentiert. In dieser Zeit sind über 100 Std. Videomaterial entstanden. Immer wieder schlichen sich die Aktivist*innen nachts in die Anlage, in der ca. 2.500 Zuchtsauen mit mehreren zehntausend Ferkeln gehalten werden und installierten dabei versteckte Kameras. So konnten die grausamen Praktiken in dem Großbetrieb dokumentiert werden. Die Aufnahmen zeigten, dass die Kastenstände (Käfige) in denen die Sauen gehalten werden, systematisch viel zu klein waren. Etwa 20 % weniger als gesetzlich vorgeschrieben, stand den Tieren zu jener Zeit zur Verfügung. "Damit lag damals ein klarer Verstoß gegen die Tierschutz-Nutztierverordnung vor. Die Sauen können sich in solch engen Kastenständen noch nicht einmal umdrehen" kritisiert Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender vom Deutschen Tierschutzbüro.Auch waren an vielen Stellen im Betrieb die Kotspalten im Ferkelbereich zu groß. Neugeborene Ferkel rutschten durch die Spalten und starben qualvoll. Besonders pikant war auch, dass bei den nächtlichen Dokumentationen ein Medikament vorgefunden wurde, das dazu dient, Geburten bei Sauen einzuleiten. Auf den Zuchtkarten wurde sogar der geplante Geburtstermin notiert, bei der Geburt selbst waren die Mitarbeitenden aus dem Betrieb aber nicht anwesend, wie die Aufnahmen zeigten. Daraus folgte, dass dutzende von Ferkel starben und niemand sich darum kümmerte. "Dadurch wird wieder deutlich, dass Tiere in solchen Betrieben als Produkteinheit gesehen werden. Der Tod ist einkalkuliert" so Peifer. In einigen Nächten waren die Tierrechtler*innen anwesend und konnten zumindest ein paar Ferkeln helfen und sie aus den Kotspalten befreien.
Der Hauptvorwurf war und ist aber, dass kranke und verletzte Ferkel nicht tierärztlich versorgt worden sind, sondern einfach so lange auf den Boden geschlagen wurden, bis sie vermeintlich tot waren. "Die versteckten Kameras filmten mehrfach diese gesetzeswidrige Praktik. Besonders erschütternd ist, dass mindestens ein Ferkel diesen Gewaltakt überlebte und anschließend qualvoll im Mülleimer verendete", so Peifer.
Im Sommer 2017 hatte das Deutsche Tierschutzbüro zusammen mit RTL SternTV das Bildmaterial in die Öffentlichkeit gebracht. Die Empörung war groß, denn die Aufnahmen zeigten erstmalig solch einen brutalen Umgang mit Tieren. Entsprechend groß war damals auch das Medieninteresse. Bei einer auf Change.org gestarteten Petition forderten 80.000 Menschen, dass die Täter*innen verurteilt und bestraft werden. "Damals haben wir eine zehnseitige Strafanzeige erstattet und das gesamte Bildmaterial der Staatsanwaltschaft zur Verfügung gestellt" so Peifer.
2018 kam es dann überraschend zur Einstellung. In der Begründung hieß es, dass basierend auf den Aufnahmen nicht zweifelsfrei bewiesen werden könne, dass den Tieren erheblich Leid und Schmerz zugefügt worden ist. Dies sei erforderlich für die Erfüllung einer Straftat. Erstaunlicherweise war die Staatsanwaltschaft bei den Ferkeln, die sich in den zu großen Kotschlitzen verfangen hatten, schon der Meinung, dass hier den Tieren erheblich Leid und Schmerz zugefügt worden sei. Hier würde aber der Vorsatz fehlen und zudem hätte es ja auch sein können, dass Mitarbeitende des Betriebes doch noch die Tiere aus der misslichen Lage hätten befreien können. "Das ist mit Abstand die absurdeste Einstellungsbegründung einer Staatsanwaltschaft, die ich jemals gelesen habe. Offenbar hatte niemand Interesse daran, richtig zu ermitteln" empört sich Peifer.
Nachdem die Tierrechtler*innen dann Beschwerde gegen die Einstellung eingereicht hatten, ging man dem Sachverhalt offenbar tiefer auf den Grund und es kam dann zu einer Verurteilung der Täter*innen per Strafbefehl. Auf den Bildaufnahmen ist eine Frau zu sehen, die mehrere Ferkel auf den Boden schlug um sie unsachgemäß zu töten. Sie wurde zu einer Geldstrafe von 1.200 Euro verurteilt, der Betreiber der Anlage zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro (AZ 1102 Js 64585/17, Staatsanwaltschaft Oldenburg). "Wir hätten uns natürlich deutlich höhere Strafen gewünscht, wer Tiere so brutal quält, gehört ins Gefängnis. Dennoch sind wir erleichtert, dass es nach s noch zu einer Verurteilung gekommen ist". Die Tierrechtler*innen verweisen darauf, dass es in den meisten Fällen von Tierquälerei in landwirtschaftlichen Betrieben nicht zu einer Verurteilung kommt und wenn, dann ist die Strafe so gering, wie auch in diesem Fall, dass es keine wirkliche Abschreckung und Strafe ist. "Wer den Tieren wirklich helfen will, der sollte aufhören, sie zu essen und sich pflanzlich ernähren. Alle Tiere wollen leben" so Peifer abschließend.
Weitere Informationen hier.
Disclaimer: Diese Pressemitteilung wird für den darin namentlich genannten Verantwortlichen gespeichert. Sie gibt seine Meinung und Tatsachenbehauptungen und nicht unbedingt die des Diensteanbieters wieder. Der Anbieter distanziert sich daher ausdrücklich von den fremden Inhalten und macht sich diese nicht zu eigen.