
BGH ändert seine Rechtsprechung und gewährt Urheberrechtsschutz jetzt auch für Alltagskunst - mehr Schutz für Grafiker und Designer
Rechtsanwalt Dr. Christian Stahl, Fachanwalt für Urheber- und Designrecht, erläutert: "Es gibt zwar ein europäisches Designrecht, das ohne Eintragung entsteht. Das schützt aber lediglich zwei Jahre gegen Nachahmung. Gerade gelungene Designs werden aber deutlich länger verwendet. Dadurch standen Designer ihren Auftraggebern und Nachahmern bislang weitgehend schutzlos gegenüber."
Hintergrund: Nach bisheriger Rechtsprechung sollte für Gebrauchskunst ein anderer Schutzmaßstab gelten als für sogenannte zweckfreie Kunst. Begründet wurde dies damit, dass Gebrauchskunst ja mit dem eingetragenen Geschmacksmuster geschützt werden könne, und ein "Abstand" zwischen dem Geschmacksmuster und dem Urheberrecht erforderlich sei.
Fachanwalt Stahl von BLTS Rechtsanwälte: "Diese Annahme war schon immer völlig lebensfremd. Die Eintragung eines Geschmackmusters ist kostenaufwendig und müsste ja nicht nur für das Arbeitsergebnis, sondern schon für jeden Entwurf erfolgen. Allein diese Kosten würden das Honorar des Designers um ein Vielfaches übersteigen." Wie der Regensburger Rechtsanwalt weiter erläutert, war die Begründung auch juristisch nicht stimmig: "Es war schon lange anerkannt, dass sich verschiedene gewerbliche Schutzrechte, wie etwa Markenschutz und Designschutz, keineswegs ausschließen. Sie können auch nebeneinander bestehen".
Dieser Ansicht schloss sich jetzt auch der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs an. Er entschied am 13.11.2013, dass an den Urheberrechtschutz von Werken der angewandten Kunst grundsätzlich keine höheren Anforderungen zu stellen sind als an den von Werken der zweckfreien Kunst.
BLTS-Anwalt Dr. Stahl: "Der entschiedene Fall zeigt auch deutlich, weshalb diese Entscheidung so nötig war. Die Klägerin zeichnete für die Beklagte im Jahr 1998 unter anderem Entwürfe für einen Zug aus Holz, auf dessen Waggons sich Kerzen und Ziffern aufstecken lassen ("Geburtstagszug"). Dafür erhielt sie ein Honorar von 400 DM. Eine weitere Vergütung war nach bisheriger Rechtsprechung nicht geschuldet, obwohl der Geburtstagszug äußerst erfolgreich war – gerade wegen seines Designs."
Der Bundesgerichtshof stützte sich bei seiner Entscheidung auf die Änderung des Geschmacksmustergesetzes im Jahr 2004. Mit der damaligen Reform habe es eine inhaltliche Trennung zwischen Geschmacksmusterschutz und Urheberrecht gegeben, seitdem bestünden die Rechte nebeneinander. Vergütungsansprüche aufgrund des Urheberrechtsschutzes kämen daher auch rückwirkend bis 2004 in Betracht.
Nach Ansicht des Regensburger Rechtsanwaltes Dr. Stahl hat dies ganz erhebliche Konsequenzen für Grafiker und Werbeagenturen. "Die Verhandlungsposition gegenüber Auftraggebern hat sich damit deutlich verbessert. Außerdem kommen auch für die Vergangenheit noch Nachforderungen in Betracht." Das wichtigste aber sei, so Fachanwalt Stahl, dass nunmehr ein ausreichender Schutz gegen unerlaubte Nachahmer vorliege. "Bisher waren selbst einfachste Fotografien urheberrechtlich geschützt, während kreative Grafiken nahezu beliebig kopiert werden konnten. Dieses Missverhältnis ist jetzt beseitigt worden."
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