Aus Fehlern lernen – ein wichtiger Grundsatz, den jeder kennt. Bei einfachen Fehlern im Alltag ist das noch recht einfach möglich, wenn auch nicht immer leicht umzusetzen.
Viel schwieriger aber wird es, wenn es um komplexe Prozesse geht und viele Menschen daran beteiligt sind, etwa in einem großen Krankenhaus wie dem Klinikum Ingolstadt. In dem Schwerpunktkrankenhaus aber geht man noch einen Schritt weiter: Fehler sollen vermieden werden, noch ehe sie passieren können. Möglich macht das ein ausgefeiltes Risikomanagement. Es hilft aber nicht nur, Fehler zu vermeiden und Risiken zu erkennen, sondern daraus auch Chancen zu machen. Damit trägt es auch dazu bei, das Klinikum immer besser zu machen – ein Lernprozess.Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Diese alte Weisheit bewahrheitet sich auch immer wieder in deutschen Krankenhäusern. Gerade dort können Fehler manchmal schwerwiegende Folgen haben: Von den rund 18 Millionen Krankenhausfällen pro Jahr erlebt nach Hochrechnungen rund eine halbe Million Menschen vermeidbare unerwünschte Ereignisse. 18.500 Menschen pro Jahr sterben in Deutschland nach Hochrechnungen an Fehlbehandlungen oder sogenannten Kunstfehlern. Auch wenn derartige Statistiken stark umstritten und Extremfälle wie die berühmte Operationsschere im Bauch des Patienten absolute Ausnahmen sind – Fehler oder Beinahe-Fehler lassen sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen nicht immer zu 100 Prozent ausschließen – zumindest nicht, wenn man mit ihnen nicht richtig umgeht. Und sie bringen möglicherweise nicht nur aus menschlicher Sicht Belastungen für alle Beteiligten mit sich, sondern stellen in verschiedener Hinsicht ein erhebliches Risiko für die Krankenhäuser dar: Im Falle einer Millionenklage könnten sie im Extremfall sogar existenzbedrohend sein kann. Schon deswegen wird meist ungern über das Thema gesprochen.
Keine "Nullfehlerkultur"
In der Medizin werde traditionell schon in der Ausbildung eine Art "Nullfehlerkultur" vermittelt, nach der Fehler schlichtweg nicht passieren dürften, so Erwin Frey, Pflegedienstleiter im Klinikum Ingolstadt, der sich intensiv mit dem Thema beschäftigt hat und das Risikomanagement in der Pflege im Klinikum mitverantwortet. Wenn es trotzdem zu einem Fehler komme, gebe es Schuldzuweisungen, Vorwürfe und negative Konsequenzen für die Verursacher oder "Sündenböcke".
Im Klinikum Ingolstadt geht man einen anderen Weg. Im vergangenen Jahr bereits hatte man ein neuartiges Seminar für ein berufsübergreifendes Risikomanagement ins Leben gerufen, das eine ganz andere Richtung einschlägt: Es gehe nicht um das Wer, sondern um das Warum, so der Tenor des Seminars um Prof. Dr. Andreas Becker, das vor allem bei einer neuen Unternehmenskultur ansetzt und über Projektarbeiten, Zertifizierungen und Schulungen mit Multiplikatoreffekt direkt in der Praxis ansetzt. Rund 20 zertifizierte Risikomanager mit Schwerpunkt Patientensicherheit haben den ersten Kurs bis Ende letzten Jahres bereits erfolgreich absolviert. Das in dieser Form wohl einzigartige Projekt ist aber nur Teil einer ganzen Qualitätsoffensive, die das Klinikum zum Thema Fehler- und Risikomanagement angeschoben hat. Dabei geht es aber längst nicht nur darum, aus Fehlern zu lernen, die bereits geschehen sind, sondern möglichst schon im Vorfeld Risiken zu erkennen und Instrumente zu entwickeln, um negative Ereignisse zu verhindern helfen.
Anonymes Meldesystem
Ein Bereich, der bei diesem Thema oft im Schatten der ärztlichen Medizin steht, ist die Pflege. Dabei verbringen Pflegekräfte am meisten Zeit mit den Patienten. Im Ingolstädter Schwerpunktkrankenhaus ist man daher auch in diesem Bereich mit zahlreichen Projekten im Risikomanagement sehr aktiv. Kernstück ist unter anderem die Umsetzung und Weiterentwicklung eines "CIRS", das unter der Leitung von Prof. Dr. Günter Ochs, dem Ärztlichen Direktor des Klinikums, aufgebaut wurde und seit Mitte letzten Jahres in Betrieb ist. Die Abkürzung steht für ein "Critical Incident Reporting Systems", also ein Berichtssystem für kritische Ereignisse und Beinahe-Schäden, die beispielsweise durch Fehler entstanden sein können. Das ganze funktioniert auf einer völlig anonymen Basis ohne Rückverfolgung auf die Daten des Patienten oder Berichtenden und bezieht sich ausdrücklich nicht nur auf tatsächlich aufgetretene Fehler und Schäden, sondern besonders auch auf Situationen, in denen es Probleme gab, aber negative Konsequenzen noch vermieden werden konnten. Denn auch aus ihnen kann viel über bestehende Risiken und ihre Vermeidung lernen.
Auch bei aufgetretenen Fehlern gehe es nicht darum, Schuldige zu suchen, sondern aus problematischen Situationen die richtigen Schlüsse zu ziehen. Wer einen solchen Vorfall in einem anonymen Online-Formular im Intranet des Klinikums meldet, wird daher ausdrücklich dazu eingeladen, auch gleich mögliche Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Die gemeldeten Fälle werden dann von einem Expertengremium bewertet und ebenfalls mit Lösungsvorschlägen versehen. Aus Fehlern lernen ist hier der Grundgedanke.
Fehler nutzen
"Fehler dürfen nicht totgeschwiegen werden und vor allem nicht nur dazu genutzt werden, einen Schuldigen oder Sündenbock zu finden", sagt Frey. Stattdessen wolle man eine offene Fehlerkultur aufbauen, Mitarbeiter ermutigen, Fehler anzusprechen und sie aufzuarbeiten. Denn darin liege auch die eigentliche Chance: besser zu werden und Fehler und ihre Folgen für Patienten und Mitarbeiter in Zukunft zu vermeiden, betont Erich Göllner, der Pflegedirektor des Klinikums.
"Oft gibt es gar nicht einen einzelnen Schuldigen", weiß Frey aus Erfahrung. "Häufig ist es eine ganze Verkettung bestimmter Umstände oder Missverständnisse, die am Ende zu einem Problem führen." Im Klinikum arbeitet man daher in verschiedenen Bereichen intensiv an einem wirkungsvollen Risikomanagement, um solche Risiken eben frühzeitig zu erkennen und Fehler zu vermeiden – vor allem im medizinischen Bereich. Neben dem ärztlichen Bereich ist dabei vor allem die Pflege gefragt. Denn ihr wird immer mehr Verantwortung übertragen.
Fehler können an den verschiedensten Stellen passieren. Oft sind es Missverständnisse oder mangelnde Absprachen, die zu Spielräumen und damit Risiken führen können – trotz aller modernen Sicherheitsmaßnahmen wie etwa OP-Checklisten oder Patientensicherheitsarmbändern, dem Zwei-Augen-Prinzip bei wichtigen Fragen oder EDV-Unterstützung. Verschiedene Sicherheitsinstrumente führen dazu, dass zum Beispiel nicht das falsche Knie operiert werden kann und die OP-Schere eben nicht im Bauch des Patienten vergessen werden kann – weil vor und nach der Operation im Klinikum standardmäßig überprüft wird, ob alle Instrumente wieder da sind. Es gehe vor allem darum, Risiken frühzeitig zu erkennen, sie nach ihrer Häufigkeit und Bedeutung zu gewichten und letztlich die Ursachen dafür aufzudecken und in Zukunft zu vermeiden. Die liegen häufig im Detail.
Risiken vermeiden
Und genau um diese Details gehe es häufig, so Frey. Viele Kleinigkeiten könnten am Ende große Wirkung haben und enorme Verbesserungen bringen, so Alfred Mack, Stationsleiter der anästhesiologischen IntensivStationen, der selbst eine Ausbildung zum klinischen Risikomanager absolviert. Es gehe darum, verschiedene Tätigkeiten und Prozesse zu analysieren und schrittweise zu optimieren. Denn wer sich genau ansieht, wo überall ein Risiko besteht, dass etwas nicht so läuft, wie es soll, entdeckt dabei auch immer Möglichkeiten, besser zu werden. Im Mittelpunkt stehe dabei immer die Patientensicherheit, aber am Ende auch die Qualität der Versorgung.
Und es gehe nicht immer um Fehler im eigentlichen Sinne, sondern um die Vermeidung von Risiken und Unannehmlichkeiten für die Patienten: Wenn etwa ein älterer Patient nicht mehr gut zu Fuß ist oder schwindelig sei, könne das möglicherweise auch im Vorfeld erkannt und so ein Sturz durch entsprechende Sicherheitsvorkehrungen vermieden werden. Auch das Entstehen von Druckgeschwüren, dem sogenannten Dekubitus, könne man durch entsprechende Assessments im Vorfeld vorhersehen und vermeiden, so Frey. Auch die Verabreichung und Dosierung von Medikamenten kann durch verschiedene Instrumente sicher gemacht werden. So entsteht durch ein gutes Risikomanagement eine Win-win-Situation: Den Patienten geht es gut und dem Klinikum dadurch auch.
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Medizinische Kompetenz, erstklassige Versorgung und individuelle Betreuung – im Klinikum Ingolstadt ist jeder Patient in guten Händen. Bestmögliche Behandlung und Therapie garantieren die national und international anerkannten Mediziner in den Kliniken und Instituten sowie den Belegkliniken.
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit der einzelnen Spezialisten ermöglicht umfassende medizinische Betreuung und Beratung. Auch in unvorhersehbaren Notfällen ist stets ein Spezialist vor Ort, und kurze Transportwege erhöhen den Komfort.
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