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Kinder – ein "Schatz", den es zu heben gilt!

Die Freie Schule Glonntal im Herkulessaal in München Die Freie Schule Glonntal im Herkulessaal in München

"Um ein Kind groß zu ziehen, braucht es ein ganzes Dorf", sagt ein afrikanisches Sprichwort.

Unsere Zukunft liegt in den Händen unserer Kinder. Das sollte Grund genug sein, ihnen eine Erziehung zu bieten, in der sie sich wohl fühlen und ihr Potential entfalten können. Doch das ist für die Eltern gar nicht so einfach. Kinder sind sehr verschieden und was bei dem einen Kind die optimale Lösung ist, kann beim anderen völlig daneben gehen. Deshalb sollte man die Bedürfnisse des Kindes auch bei der Wahl der Schule in den Vordergrund stellen und mit Herz und Bauchgefühl entscheiden. Doch wie schafft es eine Schule heute, dass Kinder ihre Individualität, Begabung und schöpferische Kraft entdecken und leben?


Leider ist es nach wie vor Usus, dass die Mehrzahl der Schulen Kinder und Jugendliche nach Arbeitsmarktgesichtspunkten ausbildet. Im Lehrplan ist kein Platz für Individualität und die zentrale Frage "Wer bin ich?" wird zugunsten eines "Was ist gefragt, was zahlt sich aus?" verdrängt. Anscheinend hat bisher niemand berechnet, wie viel es unsere Gesellschaft kostet, wenn auch nur einem Kind im Verlauf seiner Schulzeit die Freude am Entdecken und Gestalten geraubt wird. Wenn ein Jugendlicher dann "null Bock" auf Schule und Ausbildung hat…

Es ist ein Rätsel, warum auch heute immer noch viele Eltern, Lehrer und Erziehungsverantwortliche der Überzeugung sind, dass Intelligenz angeboren sei und es begabte und unbegabte Schüler gebe. Schule ohne Leistungsdruck und Selektion würde nicht die gewünschten Ergebnisse bringen und nur Schüler, die diese Schulen am besten aushielten, würden zu Leistungsträgern heranreifen. Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts brachte es die schwedische Reformpädagogin Ellen Key auf den Punkt: "Die Zeit ruft nach Persönlichkeiten. Aber sie wird solange vergeblich rufen, bis wir die Kinder als Persönlichkeiten leben und lernen lassen, ihnen gestatten, einen Willen zu haben, ihre Gedanken zu denken, sich eigene Kenntnisse zu erarbeiten, sich eigene Urteile zu bilden; bis wir, mit einem Wort, aufhören, in den Schulen Rohstoffe der Persönlichkeit zu ersticken, denen wir dann vergebens im Leben zu begegnen hoffen." Es wäre an der Zeit aufzuwachen und unsere Schulen in Werkstätten des Entdeckens und Gestaltens zu verwandeln, um Erfahrungsräume zur Entfaltung der in allen Kindern angelegten Potentiale zu bieten. Begegnungsorte für das Miteinander- und Voneinander-Lernen, aber auch für das Erleben gegenseitiger Achtung und Wertschätzung.

Es geht auch anders!

Lebendige Erfahrungen fürs Leben erschließen, schöpferische Lernprozesse statt drögem Pauken ermöglichen - Schule kann so viel mehr. Sie kann der nährende Boden sein für das kostbarste Saatgut, das wir haben: junge Menschen mit zukunftsweisenden, oft noch verborgenen Talenten und Fähigkeiten. "Unsere Erfahrungen zeigen ganz deutlich, dass die wichtigsten Voraussetzungen für die Entfaltung verborgener Begabungen der Kinder in dem gesunden Wechselspiel von kognitivem und künstlerischem Lernen in der Schule einerseits und andererseits in den echten und authentischen Erfahrungen in der Welt liegen", so Hartmut Lüling, Direktor der Freien Schule Glonntal (FSG). Die private, oberbayerische Ganztagesschule wagt es, ein wenig anders zu sein als andere Schulen. Ihrem integrativen Ansatz liegt der staatlich genehmigte Lehrplan von der ersten bis zur zwölften Klasse der Waldorfschulen zugrunde, das Konzept wurde jedoch erheblich erweitert. Sie bietet das ganze Ausbildungsspektrum von der Grundschule bis zum Abitur und setzt dabei auf eine vertiefte und breit gefächerte Erlebnispädagogik, verbunden mit einem durchgängigen künstlerisch-pädagogischen Ansatz. Das Lernen durch Erleben in unterschiedlichsten Projekten quer durch alle Altersstufen führt dazu, dass sich die Kinder auf völlig neue Erfahrungen einlassen können, Vertrauen lernen und ihre eigenen Grenzen ausloten. Bereits ab der ersten Klasse spielt sich der Unterricht oft außerhalb des Schulgebäudes ab. Ob bei der Mithilfe auf dem Bauernhof, beim Sport, Segeln, Musizieren, künstlerischen Gestalten oder beim Theaterspielen – immer geht es darum, junge Menschen auf das Leben vorzubereiten. "Begabungen entfalten sich durch Aufnehmen, übendes Vertiefen und dann aber durch einen unbewussten Verwandlungsprozess zur Fähigkeit, der – wie der Volksmund oft sagt – im "darüber schlafen" vollzogen wird. Das ist Bildung, die den ganzen Menschen einbezieht, nicht nur den Kopf", meint Hartmut Lüling. "Unsere Pädagogik entsteht in der lebendigen Begegnung, in der Begegnung zwischen ICH und WELT, so zu sagen im Prozessualen selber. Aus Unabdingbarem lernt der junge Mensch so auch soziale Kompetenz. Unser wichtigstes Anliegen ist, die Schüler erspüren zu lassen, was sie ausmacht, wo ihre besonderen Fähigkeiten liegen. Und die Kunst der Begegnung bietet einen idealen Boden dafür, den Sinn zu wecken für die verhüllten, geheimen Begabungen unserer Kinder."

Durch die Kunst Begabung entfalten:

Die Essenz dieser Pädagogik zeigt sich in den Aufführungen der "Imagonharfe" im geschichtsträchtigen Herkulessaal in München, der für 1.200 Zuschauer Platz bietet. Hartmut Lüling erklärt es so: "Die Imagonharfe versteht sich als imaginäres Instrument, dessen ‚Saiten‘ die Begabungen der Mitspieler – Schüler, Eltern und Freunde - sind. ‚Resonanzboden‘ und ‚Klangkörper‘ stellen alle Interessierten dar. Somit gibt es keine Zuschauer, sondern nur Akteure." Dies sei eine Art Aktionskunst, die inzwischen fester Bestandteil des Programminventars der Freien Schule Glonntal sei.

In diesem Jahr begann die Harfe ihr Spiel mit dem "Schmetterlingserwachen – die Kunst Begabungen zu entfalten". Es geht um das Entwicklungsprinzip selbst, das in jedem Lernprozess und in jeder Biographie wirksam ist, das hier urbildhaft mit der Entfaltung des Schmetterlings in Verbindung gebracht wird.

Ein Stück in vier Akten zeigt, was eine Schule bewirken kann:

Zeitgemäß schon die Begrüßung. Mit Hartmut Lüling beginnt die Aufführung, indem er Flüchtlingsfamilien und Jugendliche auf die Bühne einlädt und diese herzlich und unter großem Beifall des voll besetzten Saales begrüßt. Symbolisch lässt er die Kunst zu den "Menschen der Welt" sprechen. Das Spiel dreier kleiner Harfenisten für die "Menschen der Welt" begleitet zwischendurch immer wieder mit seinem Klang den Abend.

Im ersten Akt steht das Schmetterings-Ei für die Einheit, das schlummernde Werden und die unbewussten Begabungen, die alle Menschen verbinden. Die Raupe im zweiten Akt zeichnet das Bild eines mühsamen Lebens, voller Hunger und Sehnsucht. Im dritten Akt dreht sich alles um die Auflösung und Neugestaltung in der Puppe. Sie steht für die Metamorphose - aus Zerstörung und Neugeburt. Bis dann im vierten Akt der Schmetterling erscheint – das Lichtwesen als Symbol für die entfalteten Fähigkeiten.

"Die Authentizität der Kinder – faszinierend! Das war kein Spiel auf der Bühne, die Kinder leben ihre Rolle, spielen sich selbst", konnte man begeisterte Zuschauer aus Kunst, Kultur und Bildung sagen hören. "Durch persönlich erlebte und lange eingeübte Kunstprozesse lässt sich eben sehr viel einfacher lernen. Diese Veranstaltung macht einem klar, dass staatliche Schulen das kaum leisten können."

Die Schüler der Abschlussklasse zeigten herausragende Leistungen an diesem Abend und wurden am Ende einzeln mit einer Rose aus der Hand ihres Schulleiters verabschiedet. Das Stück "Schmetterlingserwachen" hat nicht nur den Eltern gezeigt, was und wie viel sich in nur einem Jahr tun kann, wie schnell sich Kinder weiterentwickeln. "Was gibt es Schöneres und Sinnvolleres, als der heranwachsenden Generation einen sicheren Raum zum Erblühen und Gedeihen ihrer noch unbewussten Begabungen zu bieten – und gleichzeitig mit ihnen gemeinsam das Erwachen und Wachsen zu erwirken", so Hartmut Lüling. "Schule bekommt in diesem Sinne eine viel größere Bedeutung für die Gesellschaft, als man gewohnt ist, zu denken."

Weitere Infos finden Sie unter: www.freie-schule-glonntal.de
*Der Abdruck ist frei. Wir bitten um ein Belegexemplar.

 

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